Tasty Brands ep 003: Theresa Hingsammer - Food Campus Berlin
“Der Food Campus Berlin ist die Community, die die Zukunft der Ernährung gestaltet. Eine bessere Ernährung für den Menschen und den Planeten zu schaffen, darum gehts.”
Theresa Hingsammer, Project Management Food Campus Digital - Food Campus Berlin

In dieser Episode interviewe ich Theresa Hingsammer vom Food Campus Berlin. Sie ist Project Managerin des Food Campus Digital. Vor ihrer Laufbahn beim Food Campus Berlin war sie in der strategischen Marketing- und Markenberatung tätig.
Es wird ein physischer Campus im Herzen Berlins entstehen. Geplant sind R&D Labs für Foodunternehmen, 15.000 m² Glasfläche für Food-Produktion, ein 2000 m² Showroom, Eventspace und Canteen-Shop, 8000 m² Ökosystem für Start-ups und etablierte Unternehmen sowie 15.000 m² Innovations- und Bürofläche.
Der Food Campus Berlin soll ein Ort werden, der die Zukunft der Ernährung und Lebensmittelproduktion prägend verändert und mitgestaltet.
Wissenswertes in diesem Artikel:
- Wieso der Food Campus Digital das LinkedIn der Food Branche werden könnte
- Wieso der Planetary Health Lifestyle ein essenzieller Trend für Food Unternehmen ist
- Warum Ressourcenschonend essen, nicht gleich Astronauten-Nahrung sein muss
- Wie man beginnt eine hybride Community aus Experten, Fachkräften und Industrie aufzubauen? Worauf kommt es an?
- Quickfire Fragen
1: Was ist der Food Campus Berlin?

PHILIPP
Es wird einen physischen Food Campus Berlin geben am Teltowkanal in Berlin Tempelhof und du gestaltest gerade einen digitalen Food Campus. Als was versteht ihr euch? Seid ihr ein Think-Tank? Baut ihr eine Community auf? Ist das Gebäude die eine Sache und das andere die Community darüber hinaus? Wie ist da der angedachte Weg?
THERESA:
Ja, mit Community liegst du nicht falsch. Aber es soll auf keinen Fall separiert sein, also wir glauben an die Community im Gebäude und wollen aber weg vom Think-Tank hin zum Think-Do-Tank.
Es gibt genügend Think-Tanks, wo nur Konzepte erstellt werden, die dann doch in der Schublade liegen bleiben oder vielleicht für einen Nachhaltigkeitsreport ganz nett aussehen.
Unser Fokus ist die Vernetzung vor Ort und das Zusammenbringen von unterschiedlichen Teilnehmern / Stakeholdern der Lebensmittelproduktion, um dann ins Tun zu kommen: Ein Projekt zu starten und zu testen und mit Weiterbildung unterstützen. Also das Think geht nicht ganz unter, wir werden aber auch nicht nur zum Do-Tank.

PHILIPP:
Was ist der Food Campus Berlin und wie entstand das Projekt?
THERESA:
Die Kernidee entstand durch Thomas Hölzel Gründer der Art Projekt Entwicklungen GmbH, der dafür bekannt ist, Trends schon sehr früh zu erkennen und auch danach zu handeln.
Berlin hat verschiedene Zukunftsorte, aber es gab noch keinen für Food. Er hat sich gedacht, es wäre wichtig, einen Ort für die Ernährung zu haben. Es gibt so viele Probleme in puncto Nachhaltigkeit und Ernährung.
So entstand die Grundidee. Dann kam Jörg Reuter dazu, der das Ganze strategisch aufgesetzt hat. Ihm ist es auch zu verdanken, dass die „Planetary Health Diet” mit in das Konzept kam. Thematisch wollen wir weg vom Cluster-Denken hin zum Cross-Cluster-Denken, weil wir dort das größte Innovationspotenzial sehen. Heißt: Dort anzusetzen, wo sich unsere vier strategischen Handlungsfelder Smart Proteins and Sidestreams, Healthy Nutrition, Sustainable Foodservice und Agricultural Transformation kreuzen.
PHILIPP
Du machst das digitale Projektmanagement und baust neben dem physischen Campus, den digitalen Campus auf. Wie kam es zum Konzept?
THERESA
Die Idee war nicht von Anfang an geplant. Es gibt jedoch Bedürfnis nach Austausch, einer Bühne für Best Practices und Transformationsbeschleunigung in der Food-Branche. Wir haben uns gefragt, wie können wir dieses Bedürfnis, bevor der physische Campus fertig ist, abholen? So ist der Campus Digital entstanden.

2: Food Campus Digital
PHILIPP
Was kannst du uns schon über den Food Campus Digital erzählen?
THERESA:
Es wird zum Start des Food Campus Digital drei Kernfeatures für unsere Community geben:
Das Erste wird ein auf Schwarmwissen basiertes Trend-Radar sein, wo wir relevante Trends identifizieren. Schwarmwissen bedeutet: ein Experten:innenpanel mit mind. 90 Personen, dass die Diversität der Food-Branche spiegelt, bewerten den Trend in puncto: “Impact of Planetary Health.” Wie nachhaltig ist der Trend eigentlich? Wie sehr hilft er unserem Planeten? Und dann aber auch die Umsetzbarkeit im Unternehmen: also was muss ich denn dafür machen? Oder wann wird der Trend eigentlich relevant für mich?
Diese Umsetzbarkeit wollen wir unterfüttern mit Best Practices. Wenn jetzt zum Beispiel pflanzenbasiertes Protein im Trend liegt – wie kann die Zutatenliste verkürzt werden? Wie sind Leute da herangegangen, die das schon machen?
Das Trend-Radar hilft Food-Unternehmen dabei zu entscheiden, ist das jetzt ein Trend, wo ich einen zweiten Blick drauf werfen soll oder ist es nur vorübergehend relevant.

Zweitens werden wir bei den ganzen Planetary Health Begriffen versuchen aufzuklären. Es gibt ja wahnsinnig viele Nachhaltigkeitsbegriffe. Dafür werden wir ein Planetary Health Glossar aufbauen. Das werden die Experten, die ein wichtiger Teil unserer Community sind, miterstellen.
Als drittes Angebot arbeiten wir zurzeit an der Academy. Zurzeit kann die Community kostenlos an zwei Webtalks pro Monat zu unseren vier strategischen Handlungsfeldern teilnehmen.
Letztlich wird unsere Plattform auch klassische Features wie Profilerstellung und Vernetzung haben, so ein bisschen die LinkedIn Basics, könnte man sagen, aber sehr spezifisch für die Food-Branche. Dahinter wächst ein System mit, dass Nutzern anhand Ihrer Themeninteressen relevanten Content und Connections vorschlägt.
PHILIPP:
Mit welcher Ausgangssituation kommen User zu euch?
THERESA:
Im besten Fall will man im Unternehmen etwas bewegen. „Ich habe Bock nachhaltiger zu werden, ich habe Bock innovativ nachhaltige, profitable Produkte zu entwickeln.“
Das Profitable ist dabei essenziell – wir sagen immer „Profitable Planetary Health Solutions.“Ohne Profit kann auch nichts bestehen, dann ist es nicht nachhaltig.
PHILIPP
Das heißt im Endeffekt; egal, ob ich jetzt ein Start-up Founder bin, Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens oder ob ich im großen Konzern sitze und in der Produktentwicklung bin und mir denke, dass müssten wir machen, bin ich bei euch richtig?
THERESA
Genau, vom Kleinunternehmer bis zum Konzern. Aber auch Universitäten sind bei uns willkommen. Wenn wir nicht am neuesten Stand sind, dann kann man schwer innovativ werden.
Um Innovation voranzutreiben, braucht es Austausch. Wie haben es andere gemacht?
Was gibt es überhaupt für Wege? Dafür wollen wir die Plattform sein.
3: Die Planetary Health Diet als Leitmotiv
PHILIPP
Warum ist die Planetary Health Diet für den Food Campus Berlin so ein wichtiges Leitmotiv? Und was hat das mit eurem Purpose zu tun?
THERESA:
Die Planetary Health Diet – wir tendieren ja Richtung Lifestyle – der Planetary Health Lifestyle bedeutet ein Ernährungssystem zu schaffen, dass gut für den Planeten und den Menschen ist. Die Probleme, die es gerade zu lösen gibt: 30 % Treibhausgasemission, 70 % Biodiversitätsverluste – da sollte man nicht die Lebensmittelbranche, als Teil des Problems sehen, sondern auch als Teil der Lösung. Das ist die Mission.
Ein sehr großer Hebel der Planetary Health Diet ist die Reduktion von tierischem Protein. Sei es durch pflanzenbasierte, fermentierte, zellbasierte oder auch smarte tierische Proteine, wie beispielsweise ein Schwein, das mit Insekten gefüttert wurde.
Der zweite Hebel ist die Reduktion von Food Waste. Wenn man sich die Mengen anschaut, was wir eigentlich wegschmeißen – würden wir das nutzen und auch Abfall, aus der Produktion besser nutzen, hätten wir schon viele Häkchen gemacht. Ein Mitglied unseres Beirats (Tilo Hühn von der ZHAW) sagt immer so schön, um dieses System zu erklären: All streams are mainstream.
Und drittens ist es das Ziel biologischen Anbau zu fördern, damit der Boden sich besser regenerieren kann und auch langfristig genutzt werden kann.

4: Keine Astronauten-Nahrung!
PHILIPP
Wie sieht die Welt aus, in der der Food Campus Berlin seinen Zweck erfüllt hat?
THERESA:
Wenn wir nur die Ressourcen verbrauchen, die uns tatsächlich rein rechnerisch zur Verfügung stehen.
Aber auch der Genuss soll nicht verloren gehen, also man soll Freude am Essen haben.
PHILIPP
Also keine Astronauten-Nahrung?
THERESA
Nein, bitte nicht. Die Emotionen aus der Kindheit sollen in der gesunden Ernährung für den Planeten auch für jeden spürbar sein.
Das Beispiel für mich wären die Planetary Health Knödel: Wenn es die Planetary Health Kaspressknödel* gäbe und die so schmecken wie bei der Oma.
*Österreichische Knödel-Spezialität aus Semmelwürfeln und regionalem Käse
PHILIPP
Das wäre perfekt!

THERESA
Es geht um weniger tierische Produkte, dafür qualitativ hochwertiger und nachhaltiger. Die Balance machts aus, um den Planetary Health Genuss zu erleben und die Teller-Regeln der Planetary Health Diet einzuhalten.
Es ist ein Lifestyle, wo sich auch schon einiges tut – natürlich sind wir in der Berlin Bubble, aber wir glauben, dass das Spaß machen kann nach Planetary Health zu leben.
Es soll nicht sein: Oh, jetzt habe ich schon wieder Planetary Health auf dem Teller.
5: Community Kick-start

PHILIPP:
Wer steht hinter dem Food Campus Berlin? Und warum machen die das?
THERESA:
Wir haben einen ganz tollen Beirat der uns begleitet. Die sind, könnte man sagen, unsere künftige Zielgruppe: Da sind Start-ups vertreten, KMUs, Corporates oder aus der Wissenschaft, Vereinen und der Politik.
Und die machen das im Grunde, weil sie daran glauben. Sie glauben, dass ein Projekt wie der Food Campus Berlin – das einzigartig ist in Europa – vielleicht tatsächlich die Food System Transformation, von der so oft gesprochen wird, mit hervorrufen kann.
Es werden neue Lösungen möglich.
PHILIPP:
Das ist ja schon der erste und wichtigste Schritt zum Community-Building: Ihr habt eure wichtigsten User eingeladen, mit euch den Food Campus zu gestalten.
Was ist für dich beim Thema Community-Building wichtig, wie geht ihr da heran?
THERESA:
Testing, Testing, Testing und Interaktion.
Es braucht viele Testphasen, wo wir jetzt die erste mit dem Food Campus Digital einleiten werden und mit dem Feedback weitergehen.
Was wichtig ist, ist Feedback auch tatsächlich ernst zu nehmen.
Und dann ist es natürlich der persönliche Kontakt. Word of mouth und verstehen, was die Zielgruppe gerade bewegt, ist noch immer eine der besten und exklusivsten Marketing-Kanäle, die es gibt.
6: Quickfire Fragen
PHILIPP:
Zum Abschluss habe ich noch ein paar Quickfire Fragen für dich:
THERESA:
Zukunft bedeutet:
Gemeinsam Probleme lösen.
Ernährung ist:
Nicht nur Knödel und Schweinsbraten.
Genuss bedeutet:
Verantwortungsvoll und trotzdem Spaß haben.
Die Zukunft von Food-Unternehmen ist:
Kollaborativ statt einzeln von Cluster zu Cross-cluster.
Der Food Campus Berlin ist:
Die Community, die die Zukunft der Ernährung gestaltet.
